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Autor: , verfasst am Dienstag, 28. Juni 2011

Der Kochbuchmarkt ist ein hartes Brot (Mit diesem Anfang müsste ich mich jetzt wohl beim Spiegel-Online-Feuilleton bewerben). Tausende von Büchern mit Millionen von Rezepten und darüber hinaus noch dieses Internet mit Tipps unzähliger Laienköche :). Da ist es nicht ganz einfach ein Alleinstellungsmerkmal für das jeweilige Druckerzeugnis zu finden. Entweder man entschließt sich, alles ausgefallener und komplizierter zu machen (und kocht dann in der heimischen Laborküche Molekulardesserts) oder man sucht im Sinne der rasant populären Entschleunigung den Weg zur Einfachheit. Die Kochbuch-Autorin Heike Kügler-Anger hat Letzteres getan und heraus gekommen ist dabei ein, im pala-verlag erschienenes, (Nicht-nur-)Rezeptbuch mit dem Titel:

„Vegetarisches aus der Klosterküche“

Um den vielfältigen Kochanleitungen aus den verschiedenen Kategorien etwas philosophisch-theologische Substanz zu verleihen, hat die Autorin auf ihrem Weg durch die Klöster nicht nur Rezepte, sondern auch Informatives aus der Geschichte der Klosterkochkunst gesammelt. Neben Lebensweisheiten („Disziplin und Maß!“1) und Ernährungstipps von Benedict von Nursia oder Hildegard von Bingen finden sich Methoden, wie man die Fastenzeit sündenfrei übersteht (viel Süßes und viel Starkbier), die Erläuterung der verschiedenen Bereiche eines Klostergartens und die Vorstellung einiger (theologisch) besonderer Gemüse-, Kräuter- und Gewürzsorten.

Für uns ist allerdings vor allem ein Aspekt wichtig: als möglichst autarke Gemeinschaften waren Klosterbewohner immer schon zum großen Teil biologisch gärtnernde Selbstversorger – auch wenn sie sich heutzutage natürlich etwas weltzugewandter zeigen und Onlineshops betreiben oder Lebensmittel von außerhalb beziehen (Ein Indiz hierfür ist das Rezept für die pikante Avocadocreme aus dem Stift Rein. Trotz des direkten himmlischen Drahtes ist es wohl kaum möglich, in Graz Avocados anzubauen).

Rezepte

Auf den restlichen 140 Seiten präsentiert die Autorin Rezepte aus neun Kategorien („Aufstriche“, „Suppen“, „Salate“, „Gemüsegerichte“, „Kartoffelgerichte“, „Getreidegerichte“, „Nudeln und Klöße“, „Desserts“, „Brot, Kuchen und Gebäck“), die sich ganz in unserem Sinne darstellen: saisonale, regionale Produkte, einfach und originell zubereitet. Die Vielzahl der Rezepte macht es schwierig einen kompletten Überblick zu geben – man muss sich das Ganze als eine Kombination der traditionellen Rezepte aus dem großmütterlichen Fundus mit denen der modernen vegetarischen Küche vorstellen: von Mehlspatzen (Kindheitserinnerungen!) über geschmälzte Brotsuppe und Dinkelspätzle bis zu Grünkern-Nuss-Bratlingen und Rucolapesto mit Vanille.

Und so findet man in dem Buch, gemäß der agnostischen Erwartung, zwar nicht Gott oder wen auch immer, aber – neben dem ein oder anderen Tipp zur Zubereitung (Dank an die Abtei Seligenstadt; nun weiß ich, was ich bei meinem Sauerteigbrot ohne Hefe immer falsch gemacht habe!) – garantiert etwas Himmlisches zum Kochen.

1Wer also am Morgen genervt auf den Wecker schaut, der darf sich bei den Klostergründern bedanken, die die Uhren erstmalig eingeführt hatten.

verfasst von Steffen am 28. Juni 2011 um 18:05



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